Freitag, 18. Mai 2007

HAARE SO SCHWARZ WIE EIN ESPRESSO



Es ist schon fast ein Ritual, dass sich jeden Freitag in der kleinen Bar vollzieht und jedes Mal fasziniert es mich von neuem. Mein Name ist übrigens Richard und ich bin Kellner in dem netten Cafe de Mare. Wie schon gesagt, jeden Freitag wird fast zur gleichen Minute, also kurz vor acht am Morgen, wenn die Sonne ihre kupfernen Strahlen durch die Fenster schickt und im Cafe die Schatten sich über die Tische schieben, die Tür aufgestoßen und die Frau kommt herein. Ich weiß Sie denken nun, dies wird eine dieser miesen Stories, die man angeblich immer im Penthouse oder im Playboy liest und Sie mögen Recht haben, aber lassen Sie sich nicht täuschen, diese Frau, sie ist es wert von ihr zu erzählen, zu träumen.

Ich stehe gleich neben der Tür und ihre Augen sind jedes Mal so tief, so tief wie ein Brunnen. Das braun ihrer Augen, es hält mich gefangen, wenn sie mir einen ihrer Blicke schenkt, für die Andere sterben würden. Das Lächeln auf ihren Lippen ist kokett und man sieht, wie feucht und voll sie sind. Sie trägt kein Make-up, was selten ist hier in der Gegend. Genau deswegen ist es noch viel verführerischer, wenn sie mich anlächelt und dann in ihrer festen, voll von Intelligenz und Wissen erfüllten Stimme sagt: "Guten Morgen, Richard. Ich hoffe Sie haben gut geschlafen."

Das sagt sie jedes Mal und ich stehe dann da und schlucke und nicke und komme mir vor, als wäre ich dabei im Boden zu versinken, bereit mit einem Teelöffel mich durch die Wüste zu graben; - nur eben weg von hier. Doch das kann ich nicht und so deute ich eine leichte Verbeugung an und führe sie dann zu ihrem Tisch. Anders, als Sie es vielleicht denken, hört man kein Klacken der High Heels, denn diese Frau, sie kommt jedes Mal barfuss. Sie ist eine Fee, denke ich des Nachts, wenn ich wachliege und von ihr träume.

Ich ziehe den Stuhl weg, dann blickt sie mich noch mal lächelnd an und setzt sich dann, während ich ihr den Stuhl unter das Gesäß schiebe. Ihr Po ist eine wunderschöne Kurve, so sanft und rund. Das Schwarz des langen Kleides scheint ihre Gestallt noch mehr zu definieren, sie mehr ins Bild zu setzen, wenn Sie verstehen, was ich meine.

Es ist ja auch so ungeheuer schwer sie zu beschreiben, weil es immer irgendwie anders ist. Ja, Sie lesen richtig. Jedes Mal wenn sie kommt und mich anlächelt, glaube ich, dass ihr Gesicht irgendwie nicht das gleiche ist. Es ist einfach so, ich kann es nicht erklären. Nun ja, zum Beispiel war letzten Freitag unterhalb ihrer Lippe ein kleines Muttermal, aber dieses Mal, als ich ihr in die Augen schaue und frage, was sie denn möchte, ist es fort. Sie lächelt wieder ihr Lächeln, das einem das Gefühl gibt, ein sanfter Frühlingswind, duftend frisch, umschwirre einen und sagt dann: "Das Übliche, Sie wissen doch Richard. Ich bin jemand, der keine Experimente mag."

Das klingt dann fast wie eine Drohung und ich nicke wieder, so als ob ich eine dieser Aufziehpuppen wäre, die man in den Spielwarengeschäften findet, wenn wieder Weihnachten ist.

"Sehr wohl, Madam."

Als ich schon fast ihr den Rücken zugewendet habe, höre ich ihr "Tss tss" und ich drehe mich wieder um. Sie blickt mich an, von Kopf bis Sohle und dieses Mal ist ihr Lächeln verhalten, gleich einem Sonnenstrahl, der hinter einer Wolke verschwindet. Sie schüttelt den Kopf langsam wie eine Lehrerin zu einem Schüler.

"Das, lieber Richard, wirst Du bitte endlich lassen! Ich bin keine Madam."

Ihre Worte sind ohne jeden Zweifel, jedoch der amüsierte Unterton, der mit jeder Silbe mitschwingt, macht wieder klar, dass es alles wie im Theater ist. Es scheint, als spiele sie mit mir dieses Spiel und wir beide wissen jeden Dreh, jede Wendung, jeden versteckten Zug. Es mag verrückt klingen, aber ein wenig kommt es mir wie beim Schachspielen vor. Da sitzt du deinem Gegner gegenüber, versuchst die gefurchte Stirn zu enträtseln und hoffst nicht den falschen Zug zu machen. Ihre Stirn ist nicht gefurcht, sondern glatt wie ein glitzernder Wasserfilm. Ihre Haut ist so unvergleichlich. Auch wenn es keine cremefarbene, südliche, der Sonne anvertraute Haut ist, so doch so einzigartig sanft. Wie Samt und ich möchte mit jedem Blick, der sich an ihren Wangen verfängt, am liebsten in ihr versinken!

Sie hält meinem verträumten Blick stand und anders, als bei den Frauen, die hier sonst einkehren, stört sie es nicht. Sie ist aber auch keines dieser billigen Flittchen, deren Rundungen von Po zu Busen, versuchen dir jeglichen Blick abzuringen, deren rot geschmierte Lippen trotz allem, so verführerisch sind wie Zahnbelag. Sie ist eben, eine Frau; ich kann es nicht anders sagen.

So gehe ich von dannen in die Küche. Dort herrscht morgendliche Stille und ich beginne den Kaffee zu kochen, die Baguettes in den Ofen zu schieben und alles vorzubereiten. Das braucht so etwa 30 Minuten und jedes Mal, wenn ich dort in der Küche wirtschafte, fühle ich, dass sie an mich denkt. Ich bin es fast Leid, immer wieder zu sagen, dass es so sonderbar ist. Jedoch, nichts ist eben wie gewöhnlich. Jedes Mal, sehe ich sie vor meinen Augen. Ich kann nicht anders. Sie trägt kein Parfüm, außer ihren eigenen, frischen Duft, der gemischt aus Meeresluft und Abenteuer mein Blut in Wallungen bringt. Spätestens dann lockere ich die dumme Fliege ein wenig.

Und dann geschieht noch etwas Seltsameres, dass mich jedes Mal erschauern lässt, obschon kein Grund gegeben. Beim ersten Mal, vor Monaten, ich weiß nicht wie lange ich dieses Theater schon aufführe, war es, wie wenn plötzlich unsichtbare Hände auf der Tonleiter des Grauens eine Partitur der Angst in deine Glieder schmettern! Ich hörte dieses Stimme - ihre Stimme und das Unglaubliche war nicht, dass ich sie kannte, ich kannte sie schon so lange ...
Sondern, das Klavier spielte ein lang vergessenes Lied und sie sang dazu. Jenes Mal, als wir uns kennen lernten und sozusagen die Uraufführung dieses Schauspiels gaben, war ich zusammen gefahren. Meine Augen hatte ich im Spiegel über dem Waschbecken neben dem Ofen erblickt. Mein Haare, sie standen mir im wahrsten Sinne des Wortes zu Berge. Einer Katze nicht ungleich, sträubte sich alles in mir und die Angst schoss durch die Glieder. Meine Augen waren plötzlich die eines Gejagten und dennoch, es war wunderschön. Auch wenn unheimlich, so doch unvergleichlich.

Ich war dann aus der Küche gestolpert und hatte sie dort an ihrem Tisch erblickt. Sie sang, drehte sich mir zu und versuchte ein Lächeln. Dem Kreischen war ich damals nahe gewesen, als ich sah wie das Klavier, ein paar Schritte weiter weg, wie ... Die Tasten, es klimperte alleine diese Melodie und sie sang.

Ihre Stimme jedoch, sie vertrieb die Angst und das Grauen. Es war einfach unbeschreiblich. Ihre Stimme so klar, wie ein Kristall, so natürlich wie ein ungeschliffener Diamant.

Es schien als schickten sich die Sonnenstrahlen an, die nun viel energischer durch die Fenster brachen, sie in einen strahlenden Glanz zu hüllen. Mit jeder Note, die das Klavier hervorbrachte und ihre Stimme dieses mir so vertraute Lied sang, begann es heller zu werden in dem kleinen Cafe. Ich erinnerte mich im gleichen Augenblick an den Ofen und wie das so mit den Dingen im Leben ist, die einen dann zurück auf den Teppich holen, war der beißende Geruch nicht sehr Willkommen heißend.

So stolperte ich an den leeren Tischen und Stühlen vorbei in die Küche zurück, als die Musik auch wieder verstummte. So war es jedes Mal und eben auch jetzt, da ich die schwarzen Baguettes aus dem Ofen holte, stark hustete und fluchte. Ich wedelte mit den Händen den Rauch weg und beäugte unglücklich meine schwarzen Meisterwerke. Der Espresso jedoch war genau richtig und so nahm ich die Kanne sowie zwei Tassen samt Untertassen und verschwand aus der stinkenden Küche.

Abermals überraschte sie mich, denn dieses Mal stand sie an dem großen Panoramafenster, das einen wunderschönen Blick aufs Meer preisgab. Ich ging an den Tisch, servierte und schlich mich dann zu ihr. Einige Augenblicke sahen wir beide nur hinaus und keiner sagte etwas. Dennoch in mir kribbelte es und ich konnte nicht anders, der Duft ihrer Haare war so betörend, dass ich immer wieder verstohlene Blicke riskierte. Ihr Haar war so schwarz, wie ein Espresso und ich mochte wissen, wie es sich anfühlte, wenn wir uns liebten. Ja genau, daran dachte ich. Jedoch auf einer anderen Ebene, als Männer so zu denken pflegen. Alles war wie in einem Traum. Ihre Augen in denen ich versank und der Duft ihrer schwarzen Haare, die mich dort gefangen hielten. Ihre zärtlichen Berührungen...

"Richard, wollen Sie keinen Schluck mit mir trinken?"

Ich blickte verdutzt um mich, nur um festzustellen, dass ich allein an dem Panoramafenster stand. Ich drehte mich und sah, wie sie am Tisch Platz genommen hatte. Eben war ich noch mit meinen Erinnerungen beschäftigt, doch plötzlich hatte ich eine Ahnung, dass dies alles nur in meinem Traum stattfand, ich mich noch immer in ihm befand und womöglich zu spät zur Arbeit kommen würde. Aber warum war ihr Kichern dann so voll Leben, als sie bemerkte, dass ich nicht verstand, was sie sagte. Fast, als ob mich jemand Unsichtbares an den Tisch zerrte, hinkte ich zu ihr.

"Mein Bein ist wohl eingeschlafen", stammelte ich. Sie nickte nur lächelnd und goss mir Kaffee in die Tasse.

Dieses Mal war es ich, den sie bewirtete und dieser Morgen mochte noch viel mehr Änderungen im Programm enthalten. Sie goss sich gleichfalls die Tasse voll. Ihre Augen fixierten mich, als ich versuchte mit hocherhobenem Kopf aus der Kaffeetasse zu trinken. Wie aristokratisch mochte ich wohl aussehen?

Sie kicherte. Ich setzte die Tasse zurück auf die Untertasse. Das Zittern in meinen Händen ließ das Porzellan leise klappern. Ihr Blick, er war so unbeschreiblich. Ich zwinkerte mit den Augen und in dem Augenblick sah ich sie nackt. Ihre wunderschönen Brüste, so volle Pfirsiche, so vollendet geformt, eine Sinfonie der Atemlosigkeit überkam mich. Dann wurde mir noch heißer.

"Richard", holte sie mich zurück und mir wurde klar, ich hatte mich bekleckert. Die Fliege war im braunen Ton des Kaffees getränkt und ich mochte nicht wissen, wie albern ich aussah. Sie jedoch, sie hob die Tasse an ihre Lippen. Als das Porzellan an ihre roten Lippen sich lehnte, wünschte ich, ich könnte sie küssen; Ich war jedoch damit beschäftigt die Fliege ganz loszuwerden. Sie trank noch ein paar Schlücke und die ansonsten vorherrschende Stille ließ mich mit meinen wilden Gedanken allein. Die Fliege fiel zu Boden, ich wollte mich herunter bücken, als sie ihre Hand auf meine legte: "Nicht!"

Ich schluckte nur und nickte.

"Weißt Du noch immer nicht wer ich bin und was ich von Dir will?", fragte sie, als sie die Tasse wieder zu ihren Lippen hob. Ihre opalglänzenden Augen fixierten mich. Ich wusste nicht was sie meinte. Das war der Moment, als sich alles änderte. Alles, was vorher so eingespielt war, verlor seine Bedeutung. An diesem Tag nämlich, da sollte ich erfahren, wer sie war und was sie wollte. Ich kann Ihnen versichern, ich verstehe noch immer nicht alles. Aber ich möchte die Erfahrung nie vergessen!


***


Der Moment war zeitlos und die Antwort mochte mir nicht gelingen. Ich starrte sie nur an. Die Haare hingen hinunter, über die Schultern. Ihre Lippen glänzten voll Verlangen.

Ich schüttelte den Kopf, woraufhin sie nur noch offenherziger lächelte.

"Ist es so schwer?", fragte sie. Auch das machte keinen Sinn für mich. Was sollte ich ihr sagen? Das sie mich immer heimsuchte, jeden Moment, jede Sekunde meines Lebens, seit dem Tag, da sie in mein bis dahin so leeres Leben getreten war? Das sie die Frau war, die mich fühlen ließ, was es hieß zu leben?

"Ich", doch mehr konnte ich nicht sagen. Das "liebe Sie", steckte irgendwo dort in meinem Herzen, wo das Verlangen mein Blut erhitzte und den Rhythmus verlor. Wollte sie mir sagen, dass sie mich liebte? Ich konnte mir das nicht vorstellen. Sie war eine Göttin, ich ein Taugenichts, der sein Leben damit zubrachte anderen die Suppe und das Besteck an den Tisch zu bringen.

"Nun ja, dann muss ich es versuchen Dir klar zu machen." Sie stand auf und das schwarze Kleid ließ mich erahnen welch wunderschönen Körper sie hatte. Die Brustwarzen waren leicht zu sehen, ihre langen Beine. Erneut begann ich Tagzuträumen.

Doch dieses Mal stand sie dann neben mir, strich durch mein Haar und ließ mich ihre Nähe genießen, ließ mich in ihrem Duft versinken.

"Richard, komm ich will dir was zeigen", sagte sie nach einer Weile. Wie in Trance, ließ ich mich vom Stuhl ziehen. Ihr Hände waren kühl auf den meinen, als sie mich zu sich zog. Sie wollte mich küssen. Ihr Lippen, sie empfingen mich mit all ihrer Feuchte, mit der Hitze, die aus ihrem Mund meinen Namen flüsterte. Der Kuss ist etwas, das man schon so oft versucht hat zu beschreiben. Man liest es immer wieder, wie elektrisierend es sei, doch ich sage Ihnen, es ist nicht wahr. Es ist, als ob sich alle Teile Deines selbst mit ihr verbinden, du sie erkennst im Schein des Traumes und der Realität, sie verstehst und nach ihr verlangst. Dieser Kuss ließ mich das Meer fühlen, die Wellen und ich wusste, sie war dort. Ich spürte wie ihr Kuss mich ertrinken ließ, wie das Salz mich das bittere Leben schmecken ließ, das ich gelebt hatte. Ich hatte doch alles verloren, Familie, Freunde, Leidenschaft. Nur der Job und dann kam sie und jetzt, da war ich im Meer der Leidenschaft gefangen. Sie zog an mir, küsste wieder und wieder.

Ich schloss die Augen, ließ mich forttragen, wohin sie mich tragen wollte. Sie zog mich hinaus aus dem Cafe. Den Sand unter unseren Füßen, das Meer in unseren Ohren und die Leidenschaft in unseren Herzen, folgten wir dem Ruf, dem sie schon lange folgte und mir nun offenbarte.

Sie küsste mich auf die Augen, dass ich sie öffnete. Sie stand vor mir, ihr Haar so schwarz wie ein Espresso, dachte ich wieder. Jedoch das Kleid war gefallen, nur um mir ihre Brüste zu offenbaren. Die Sonne ließ Schattenfedern über die Nippel streichen und in ihren Augen sah ich Tränen. Ich küsste sie, das Salz auf meiner Zunge und verstand. Sie war eine Meeresfee oder eine Meerjungfrau.

"Ich bin da um Dich zu holen. Das Meer hat Dich gerufen. Es ist Zeit, Richard. Zeit zu verstehen, was Leben ist. Zeit, sich zu befreien" Die Worte machten keinen Sinn, aber ich wollte mit ihr kommen. Ihre Nippel waren so hart, ich leckte sie, ich roch das Meer, spürte, wie sie mich küsste, spürte ihre Hände, die begannen mich von der Kleidung zu befreien. Augenblicke später standen wir nackt in der Sonne. Ihre Hand strich durch mein Haar, während ihr Körper sich gegen meinen drücke. Ich drang in sie, wie ein Messer in Butter und sie zog die Luft ein, voll Lust, voll Energie. Die Wellen kamen und holten uns immer näher, leckten an uns, wie wir an einander. Ich stieß langsam, im Rhythmus der Wellen. Wir fielen in den Sand. Ich stieß voll Lust und sie schrie voll Leidenschaft. Das Meer vermengte sich mit uns, ließ uns so lebendig werden, wie ein Traum, dem man niemals vergisst.

Dann, als ich kam und sie gleich hinter mir, als die Sonne begann unsere Schatten im Sand zu zeichnen, war ich so glücklich. Sie lächelte. Dann kam das Meer und holte uns. Als die Wellen über mich spülten, das Salz meine Augen öffnete, sah ich, dass mein Leben erst begonnen hatte.

Stunden später war sie fort, das Meer hatte sie zurückgeholt.

Das ist der Grund, warum ich heute auch auf dieses Schiff gekommen bin. Ich will sie finden an einem anderen Strand. Als die Sonne im Westen versinkt und das Meer das Schiff zu allen Seiten umgibt, flüstere ich wieder: "Haare, so schwarz wie ein Espresso...", und lächle.

Keine Kommentare: