Regentänzer, Tropfen im Sonnenschein, Gedichte flattern im Wind, doch keiner sieht sie dort hängen. Niemand nimmt Notiz von den gesprungenen Augen, den Spuren von Tränen auf den Wangen, niemand spürt ihre Trauer, sie alle verstehen sie nicht. So war es immer, so wird es bleiben, das wäre schon das Ende dieser Geschichte. Aber ich, der Vogel hier hoch im Baum, ich kann sie sehen, hörte ihren Schmerzenschrei, Tag für Tag auf dem Spielplatz. Sie haben sie nie verstanden, sondern immer nur gejagt. Von Hass und ihrer Andersartigkeit verfolgt, hat sie den letzten Schritt gewagt.
Im Regen höre ich den Blues, aus dem Radio aus Carson’s Garage, wo die Männer Tag für Tag sich betrinken, an ihren Karren schmieren und schrauben. Von hier oben in der Eiche wirkt sie wie eine Vogelscheuche, nur dass um ihren Hals sich die Schnur zuzog, ihr den Atem nahm, sie in den Tode riss.
Dies ist all mein Wissen, Tag für Tag, all die Worte, die nun dort hängen, die niemand zu ihr sagte. Der Grund für ihren Tod, ist im Winde zu suchen, im täglichen Sturm, der ihr sich entgegen schob, ihr jegliches Lächeln aus dem Gesicht wischte und sie sterben ließ. Ich habe versucht zu singen, habe versucht mit den Spatzen sie zum Lachen zu bringen, aber ich bin nur ein Vogel, ich kann das nicht.
Ihre Mutter sieht sie nicht. Sie wagt es nicht. Die Polizei ist da, die blauen Lichter blitzen im Grau des Regentages. Sie nehmen ein Messer und schneiden sie los. Warum hat man sie nicht verstanden? Warum nicht in ihre Augen geblickt, nicht mal nach ihr gesehen, wenn sie dort lag im Rasen, als sie beinahe an ihren Tränen erstickte.
Der Vater ein reicher Mann, großes Cabrio, wandelte im Sonnenschein. Jetzt spielt er den gebrochenen, den zerschundenen Vater. Doch wir Vögel wissen mehr, sehen so vieles, aus den Wipfeln, im Versteck.
Guten Morgen, kleines Schulkind. Ich bin dein Vogel, ich ziehe mit dir, durch die Nacht, mitten im Tag hinauf in die Weite, bin bei dir und singe für dich. All die Jahre hab ich es getan, doch du hörtest mich nicht. Ich hab ein schwarzes Gefieder, das nun mit Blut befleckt auf dem Fenster ruht. Durch das Glas in der Kirche sehe ich dich aufgebahrt. Soviel Zeit ist vergangen seit diesem traurigen Morgen, so scheint es. Ich habe ein neues Nest gefunden, doch einen Begleiter nicht. Ich werde dich vermissen. Du hast mir Brotkrumen gegeben, hast mich gesehen, die anderen nicht. Ich bin dein, mein kleines Herz schlägt für dich.
Ich stoße mit dem Schnabel gegen das Fenster. Wieder und wieder, der Schmerz fährt durch meine Glieder, doch als das Glas zerspringt, flattere ich an den weißen Sarg. Die Menschen sind gegangen. Es ist Zeit Abschied zu nehmen. Deine Augen sind noch immer so leer. Hast du mich nie gesehen? Immer nur darauf gewartet, dass die Anderen dich beachten?
Sie sahen dich, oh ja. Sie sahen deine geschundene Arme, die Narben, das traurige Gesicht und dennoch, sie wollte dich nicht. Qualen sind wie Grenzen, die uns voneinander trennen.
Ich flattere auf und nieder, ich komme immer wieder. Ich bin dein Schutzengel, ich der kleine Spatz, dein einziger Schatz.
Doch dann höre ich den Mann mit dem Gewehr. Höre was er sagt, aber ich will nicht mehr. Das Fenster, es ist so nah, doch in deinen Augen sehe ich noch immer nur Trauer. Die Kugel peitscht durch mich, wie ein Hammerstoß, ich segele hernieder, auf deine Brust. Ich spüre dein Herz, es scheint zu schlagen, aber weiß doch, es ist nur meines. Es stirbt, wie auch du, ich bin bei dir. Mach die Augen zu.
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