Erst die Stimme der diensthabenen Schwester machte ihr bewusst, dass sie erwacht war. Das Fenster mit den unzählbaren Regentropfen und die Nacht dahinter mit der Skyline hielten Maria gefangen. Das Geschwirr um sie herum, der Krach vom Gang konnte sie nicht erreichen. Sie sahß die silbernen, matten Tropfen, wie sie an der Scheibe klebten. Es war wie ein silberner Vorhang und dahinter die Dunkelheit. Kein Gedanke konnte sie erreichen.
"Unser Dornröschen ist erwacht!", wunderte die Schwester. Das war der Moment, als das Gefühl zurück in sie sank und die Schmerzen erwachten. Der Bauch schmerzte und mit der Qual kam die Erinnerung. Das Messer. Das Entsetzen.
"Alles in Ordnung! Sie sind in Sicherheit, Frau Eldorso."
Maria entdeckte den Fernseher. In den News wurde von einem Gewaltackt berichtet. Die Lautstärke war soweit runter gedreht, dass es mehr ein Flüstern war. Sie sah ihren Schalter, Blut an den Fenstern, viele Polizisten und Menschen.
Die Krankenschwester drückte auf der Fernbedienung und das Bild verschwand. "Sie sind in Sicherheit.", wiederholte sie.
Sie befestigte eine kleine Flasche mit einem Schlauch daran, den sie an das Dreiwegesystem anschloss. Ein Tropf. "Keine Sorge. Es geht ihnen ganz gut. Sie kommen wieder auf die Beine."
Maria wollte etwas sagen. Sie wusste nicht was es war, aber ihre Stimme kratzte auch nur, so dass sie aufgab.
"Versuchen sie zu schlafen."
Sie schloss die Augen. Doch der Schlaf kam nicht, nur die Stille, als sie allein im Zimmer war.
- - -
Die Nacht ging vorbei, der Regen verschwand und so blieben nur ihre Gedanken, die wieder zurückkehrten wie Geister, die mit dem Mitternachtsgong der Pendeluhr erwachten. Doch ihre Geister trugen keine weißen Bettlaken und entsprangen keinem Kindermärchen. In ihren Gedanken gab es Blut, Schreie, Tränen und vor allem Angst. Auch wenn sie es nicht träumte, so fürchtete sie sich doch, dass ihr Vater im Bad lag, in einer Blutlache. Sie wusste genau was passieren würde. Er würde nicht aufwachen. Die Ambulanz mit den Sanitätern würde kommen, sie weggezogen und dann war er fort. Sie blieb allein, denn sie wollte nicht mitfahren, sie wartete auf der Veranda bis ihre Mutter kam, mit Tränen in den Augen. Mutter machte ein Essen, ließ es in der Küche stehen, ließ sie allein und knallte die Schlafzimmertür zu, wo Maria sie die ganze Nacht weinen hörte.
Plötzlich schüttelte sie jemand. Im nächsten Augenblick starrte sie in das Gesicht ihres Vaters, nur um nach und nach zu verschwinden. Stattdessen war es wohl der Stationsarzt. "Frau Eldorso. Sie stehen offenbar noch immer unter Schock. Wir würden sie gern einem Psychologen vorstellen."
Sie schüttelte wehement den Kopf. Das Bett wackelte, so sehr wehrte sie sich.
"Ok, ich verstehe. Aber wenn das so weiter geht." Er schüttelte den Kopf und seufzte. "Sie scheinen vor etwas zu fliehen. Und es ist nicht der Überfall. Sie sind schon eine Woche hier und eigentlich gibt es dafür keinen Grund. Alles ist bestens, die Wunde verheilt erwartungsgemäß."
Sie nickte.
"Wollen sie nicht darüber reden?" Er schien ein guter Mann zu sein. Aufrichtig. Sie glaubte ihm das, aber niemand konnte ihr helfen.
Als er gegangen war, blieb die Schwester mit den Unterlangen in der Tür stehen.
"Sie hatten heute einen Anruf. Ein gewisser Richard Masterson. Er hat sich nach ihnen erkundigt. Aber wir können ihm nichts sagen."
Maria blinzelte. "Was?"
"Richard Masterson. Ist das ein Bekannter? Ihr Freund?"
"Nein. Aber ich kenne ihn."
"Er hat seine Nummer durchgesagt. Ich hab sie ihnen aufgeschrieben und den Zettel in die Schublade des Nachtschränkchen gelegt." Sie verließ das Zimmer.
Wieso hatte er angerufen? Hatte Sarah ihm was erzählt?
- - -
Sie starrte hinauf in den Himmel, wo die Wolken den azurblauen Himmel wie große Schiffe überquerten. Als Kind hatte sie oft im Garten hinter dem Haus gelegen, die Wolken beobachtet wie andere Menschen Tiere beim Spaziergang am Wegesrand entdeckten und beobachteten. Manchmal glaubte sie, es gab noch eine Welt dort oben.
"Er ist jeden Tag da. Fragt nach dir.", holte Sarah sie wieder zurück. Sie senkte den Kopf.
"Aber keine Ahnung warum er dich nicht besucht. Er weiß ja dass du hier im Krankenhaus bist. Er hat sogar Blumen vorbei gebracht."
"Hmm.", machte Maria. "Aber sie lassen mich nicht raus. Sie sagen es sei zu gefährlich. Denn angeblich habe ich mich gegen den Typen geschmissen."
"War es so?", fragte Sarah nach einer Weile.
"Ich weiß es nicht.", erklärte Maria. Das Ganze war nur noch ein dunkler Traum und die Nachrichten hatten es auch schon längst wieder vergessen. Das Leben in New York war schnelllebig.
"Dann sprich halt mit diesem Seelenklemptner. Der Chef macht schon Anstalten, dass man dich ersetzen müsse...", platzte Sarah heraus. Ihre großen braunen augen sahen sie flehend an.
Maria nickte.
"Ich weiß es ist nicht leicht. Meine Tante hat auch mit so nem Plemplem-Arzt sprechen müssen. Weißt doch, mein Onkel war im Knast und sie hatte sich versucht das Leben zu nehmen. Schlimem Zeit. Aber die können einem helfen."
"Woher willst du das wissen? Woher wollen die wissen, wie es ist ich zu sein?"
Stille, die nur vom Zirpen der Vögel gestört wurde.
"Ich weiß es nicht. Aber du musst was tun!"
"Unser Dornröschen ist erwacht!", wunderte die Schwester. Das war der Moment, als das Gefühl zurück in sie sank und die Schmerzen erwachten. Der Bauch schmerzte und mit der Qual kam die Erinnerung. Das Messer. Das Entsetzen.
"Alles in Ordnung! Sie sind in Sicherheit, Frau Eldorso."
Maria entdeckte den Fernseher. In den News wurde von einem Gewaltackt berichtet. Die Lautstärke war soweit runter gedreht, dass es mehr ein Flüstern war. Sie sah ihren Schalter, Blut an den Fenstern, viele Polizisten und Menschen.
Die Krankenschwester drückte auf der Fernbedienung und das Bild verschwand. "Sie sind in Sicherheit.", wiederholte sie.
Sie befestigte eine kleine Flasche mit einem Schlauch daran, den sie an das Dreiwegesystem anschloss. Ein Tropf. "Keine Sorge. Es geht ihnen ganz gut. Sie kommen wieder auf die Beine."
Maria wollte etwas sagen. Sie wusste nicht was es war, aber ihre Stimme kratzte auch nur, so dass sie aufgab.
"Versuchen sie zu schlafen."
Sie schloss die Augen. Doch der Schlaf kam nicht, nur die Stille, als sie allein im Zimmer war.
Die Nacht ging vorbei, der Regen verschwand und so blieben nur ihre Gedanken, die wieder zurückkehrten wie Geister, die mit dem Mitternachtsgong der Pendeluhr erwachten. Doch ihre Geister trugen keine weißen Bettlaken und entsprangen keinem Kindermärchen. In ihren Gedanken gab es Blut, Schreie, Tränen und vor allem Angst. Auch wenn sie es nicht träumte, so fürchtete sie sich doch, dass ihr Vater im Bad lag, in einer Blutlache. Sie wusste genau was passieren würde. Er würde nicht aufwachen. Die Ambulanz mit den Sanitätern würde kommen, sie weggezogen und dann war er fort. Sie blieb allein, denn sie wollte nicht mitfahren, sie wartete auf der Veranda bis ihre Mutter kam, mit Tränen in den Augen. Mutter machte ein Essen, ließ es in der Küche stehen, ließ sie allein und knallte die Schlafzimmertür zu, wo Maria sie die ganze Nacht weinen hörte.
Plötzlich schüttelte sie jemand. Im nächsten Augenblick starrte sie in das Gesicht ihres Vaters, nur um nach und nach zu verschwinden. Stattdessen war es wohl der Stationsarzt. "Frau Eldorso. Sie stehen offenbar noch immer unter Schock. Wir würden sie gern einem Psychologen vorstellen."
Sie schüttelte wehement den Kopf. Das Bett wackelte, so sehr wehrte sie sich.
"Ok, ich verstehe. Aber wenn das so weiter geht." Er schüttelte den Kopf und seufzte. "Sie scheinen vor etwas zu fliehen. Und es ist nicht der Überfall. Sie sind schon eine Woche hier und eigentlich gibt es dafür keinen Grund. Alles ist bestens, die Wunde verheilt erwartungsgemäß."
Sie nickte.
"Wollen sie nicht darüber reden?" Er schien ein guter Mann zu sein. Aufrichtig. Sie glaubte ihm das, aber niemand konnte ihr helfen.
Als er gegangen war, blieb die Schwester mit den Unterlangen in der Tür stehen.
"Sie hatten heute einen Anruf. Ein gewisser Richard Masterson. Er hat sich nach ihnen erkundigt. Aber wir können ihm nichts sagen."
Maria blinzelte. "Was?"
"Richard Masterson. Ist das ein Bekannter? Ihr Freund?"
"Nein. Aber ich kenne ihn."
"Er hat seine Nummer durchgesagt. Ich hab sie ihnen aufgeschrieben und den Zettel in die Schublade des Nachtschränkchen gelegt." Sie verließ das Zimmer.
Wieso hatte er angerufen? Hatte Sarah ihm was erzählt?
Sie starrte hinauf in den Himmel, wo die Wolken den azurblauen Himmel wie große Schiffe überquerten. Als Kind hatte sie oft im Garten hinter dem Haus gelegen, die Wolken beobachtet wie andere Menschen Tiere beim Spaziergang am Wegesrand entdeckten und beobachteten. Manchmal glaubte sie, es gab noch eine Welt dort oben.
"Er ist jeden Tag da. Fragt nach dir.", holte Sarah sie wieder zurück. Sie senkte den Kopf.
"Aber keine Ahnung warum er dich nicht besucht. Er weiß ja dass du hier im Krankenhaus bist. Er hat sogar Blumen vorbei gebracht."
"Hmm.", machte Maria. "Aber sie lassen mich nicht raus. Sie sagen es sei zu gefährlich. Denn angeblich habe ich mich gegen den Typen geschmissen."
"War es so?", fragte Sarah nach einer Weile.
"Ich weiß es nicht.", erklärte Maria. Das Ganze war nur noch ein dunkler Traum und die Nachrichten hatten es auch schon längst wieder vergessen. Das Leben in New York war schnelllebig.
"Dann sprich halt mit diesem Seelenklemptner. Der Chef macht schon Anstalten, dass man dich ersetzen müsse...", platzte Sarah heraus. Ihre großen braunen augen sahen sie flehend an.
Maria nickte.
"Ich weiß es ist nicht leicht. Meine Tante hat auch mit so nem Plemplem-Arzt sprechen müssen. Weißt doch, mein Onkel war im Knast und sie hatte sich versucht das Leben zu nehmen. Schlimem Zeit. Aber die können einem helfen."
"Woher willst du das wissen? Woher wollen die wissen, wie es ist ich zu sein?"
Stille, die nur vom Zirpen der Vögel gestört wurde.
"Ich weiß es nicht. Aber du musst was tun!"
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen