Sonntag, 20. Mai 2007

WOHIN DIE NACHT DICH FÜHRT (Folge 3/10)

Das Jetzt und das Nichts


Es war wie ein Traum, das Erwachen, tief im Herzen dieses Hauses. Die Wände, die meine Augen fanden, waren kahl und blutbeschmiert. Worte die ich nicht ausmachen konnte, die Buchstaben zu verzerrt, aber ich spürte die Wut, den Wahnsinn. Ich lauschte nach den Stimmen, nach jenem Klagelied, aber da war nichts, nur Stille, abgesehen von meinem eigenen Atem. Es war ein leeres Zimmer, nur das Bett, in dem ich lag. Keine Fenster. Auf dem Holznachttisch brannte eine Kerze, und dennoch konnte das wenige Licht nicht mehr für mich bedeuten, als ein kleiner Funken Hoffnung. Wer auch immer dieser Fremde war, dieses Haus, zu dem er mich geführt hatte, es machte mich krank, nahm mir die Sinne, schüchterte mich ein und ließ mich jeglichen Glauben verlieren, den ich noch irgendwo in mir besaß.

Doch um was trauerte ich da? Hatte ich nicht erst vor kurzem mit dem Leben abgeschlossen und nun war ich hier? Die Worte an den Wänden, das Leid dort auf weißen Kalk gespritzt, immer wieder zog es meine Blicke an. Ich konnte das Wort Hass ausmachen, oder war das nur eine Täuschung? Vielleicht bedeutete es auch „Sterben ist der letzte Wunsch. Hass ist der Anfang, mein Leben ist verloren, alles ist Jetzt und das Nichts folgt mir in meine Träume.“ Ich hatte diese Gedanken laut gekrächzt und mit einem Mal, sprang ich vom Bett. Ich war nackt, stand dort in dem Zimmer, die kalten Holzdielen unter meinen Füßen. Aber die Wut, geschürt von nahenden Erinnerungen machte mich wild. Ich lehnte an der Wand, starrte auf diese Blutgebildete und stotterte vor mich hin: „Zuerst hab’ ich sie geliebt. Dann jedoch, als ich entdeckte was sie war, habe ich sie gejagt. Ja ich wollte sie töten, wollte mit dem Revolver, den silbernen Kugeln sie von jener Gier nach Blut befreien.“ Ich rang nach Atmen, zu erschreckt von der Wahrheit. „Ich habe sie geliebt.“

Das war der Moment wo plötzlich sich alles zu drehen schien, als die Kerze verlosch, plötzlich Augen vor den Meinen waren. Etwas mit mir in dem Raum sich drehte, fauchte, nach mir griff, an meiner Haut riss, mich auf das Bett warf und ein tiefes Grauen mir durch die Glieder schoss.

Im Jetzt: Ich sah mich dort draußen im Auto sitzen und reden mit einem Fremden über die Frau die ich liebte.

Im Nichts: Tausend Fragen und Lügen, die mein Leben nach dem Mord bestimmten.

Wieder im Jetzt, das Monster über mir, der heiße Atem, der mir entgegen kam, roch nach Blut, Lust und Verderben.

„Sie hat Dich geliebt, sie hat es wirklich!“

Der Fremde? War ich mit diesem Fremden hier im Zimmer, war dieses Ding der Kerl mit dem Ford Mustang.

Aus dem Nichts: Zwei Schüsse, der Revolver in meinen Händen, als die Kugel Sally traf, ihr Blick mich ausmachte. Hatte ich vorher noch am Fenster ihrer Lust gefrönt, von ihrer Macht betäubt, von ihrer tödlichen Schönheit entsetzt, stand ich nun wenige Schritte von ihr entfernt, hatte auf sie geschossen. Doch nur das Tier in ihr erwachen lassen!

„Du hast sie nicht getötet! Du hast sie zu einer ruhelosen Seele gemacht!“ Dieses Mal war es kaum eine Stimme, sondern ein donnernder Wind. Ich spürte, etwas Entsetzliches war direkt vor mir. Wut brodelte mir entgegen, die Worte waren wie ein Peitschenhieb. Dann die Krallen an meinem Körper, bis Blut floss und ich wimmerte.

Im Jetzt brach ich auf dem Bett zusammen. Was auch immer hier mit mir geschah, ich war in ein unheiliges Ritual verwickelt. Ich wimmerte, während das Blut aus den Wunden quoll. Aber das Ding, es war fort. Die Fragen und der Schmerz blieben…

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