Nur eine kleine Leselampe erhellte das Zimmer mit dem Bett und dem kleinen Jungen auf dem Stuhl, der dort saß und aus einem dicken Buch laut vorlas. Die Augen des kleinen - nicht mehr als neun Jahre mochte er sein – waren vertieft in die Worte und seine Stimme, wenn auch traurig, so doch klar und jung. Im Bett unter dem Laken lag ein Mann, regungslos und dem Tode so nah.
Licht erhellte das Krankenzimmer nur spärlich und die Schatten in den Ecken schürten keine Angst bei dem Jungen. Er las und las, laut und voller Eifer und dennoch, nichts half – der Mann im Bett regte sich nicht.
Schließlich, als die Stimme des Jungen zu zittern begann und die Tränen ihm in den Augen standen, schlug er das Buch von Wut gepackt mit einem dumpfen Knall zu und schmiss es auf den Boden. Dort lag es einige Augenblicke, die Seiten zerknickt. Der Titel des Buches war „Die Bibel“.
Das Schluchzen durchzuckte den kleinen wie Schüttelfrost und er wimmerte, verloren und vergessen in diesem kleinen Zimmer mit der scheinbar toten Gestalt im Bett. Was war es für eine Welt, in der die Worte der Bibel keinen Sinn mehr machten und das Leben selbst nur noch Trauer mit sich brachte? Wenn auch erst neun, so fühlte sich der Kleine betrogen. Vater und Mutter hatten ihm gesagt das Leben sei schön und nun?
Die Tür wurde aufgestoßen und eine Krankenschwester kam herein. Ihr Blick richtete sich sofort auf den Kleinen, der noch immer weinte. Beinahe trat sie auf die gebundene Ausgabe der Bibel. Sie nahm das Buch und kam auf ihn zu. Ihr Lächeln war nicht voll Freude, sondern verzogen von Mitleid und Trauer. Ihre Augen jedoch sprachen von Liebe, wie der kleine Junge sie einst in den Augen seiner Mutter hatte finden können.
„Warum macht Gott, dass wir sterben?“ schrie er plötzlich.
Sie strich durch sein Haar. „Nicht, Ben. Schhh...“ Sie nahm ihn in die Arme und die heißen Tränen sanken in den weißen Stoff ihres Schwesternkittels.
Auch in ihren Augen standen plötzlich Tränen.
So blieben sie dort in dem kleinen Zimmer am Ende des Ganges der Unfallstation und es erschien so endlos, so sinnlos. Warum musste ein Kind allein das Leben erfahren, dass einen in Trauer und Angst erstickte?
Sie alle hatten den Mann dort im Krankenbett gekannt. Er war berühmt gewesen und im Fernsehen hatten seine einstmals klaren Augen die Menschen verzückt. Das Leben hatte dem armen Mann böse mitgespielt. Nur der Junge war ihm geblieben, nachdem die Ehefrau einen sinnlosen Tot gefunden hatte, in dieser Stadt, die für jeden in der nächsten Gasse den Tot bereit hielt, wie es schien. Man hatte sie aufgefunden irgendwo in der Bronx, das Gesicht zerkratzt, die Adern geschlitzt und missbraucht. Gnade hatte sie erst ereilt, als sie in dem Krankenwagen ihren letzten Atemzug gemacht hatte.
Die Schlagzeilen hatten Hunderte Zeitungen überall im Lande geziert und die Menschen verschreckt und in Trauer gestürzt. Doch das Leben selbst war rätselhaft und verworren. Es nimmt was es gibt und das Schicksal eines jeden war es damit umzugehen. Aber dieser kleine Junge hatte schon soviel Leid erfahren...
Doch dann hörten sie die Stimme, gebrochen und voller Schmerz. Es war die Stimme des Mannes, zerrieben von der Qual des Atmens, doch er sprach noch lauter.
„Mein Ben!“
Der kleine Junge glaubte nicht was er hörte und zaghaft drehte er sich um, zum Bett, wo der Mann starr an die Decke blickte. Doch die Lippen bewegten sich. Ben sprang an das Bett und suchte in den starren Augen nach der Liebe des Vaters. Wenn die Augen nur erloschene Fackeln waren, so doch erklang in der Stimme des Mannes die Liebe zu seinem Sohn.
„Weine nicht!“ sagte er, die Worte hervor quetschend.
„Es wird nicht lange dauern, dann ist es vorbei.“ erklärte er.
Die Schwester stand noch immer mit der Bibel in der Hand am Fuße des Bettes und biss sich auf die Lippen. Ihre Tränen fanden nichts, das sie aufhielt und leckten so über ihre Wangen.
„Glaub weiter an das Wort, das du liest und schreibst, mein Ben! Erzähl den Menschen nicht, es sei falsch an die Liebe zu glauben“ sprach der Mann, den sie als Pfarrer Brownstone kannten. Der Mann, der es geschafft hatte ihnen den Glauben wieder zu bringen, an den Frieden in einer Welt, für die es scheinbar nur noch wenig Hoffnung gab. Er war nicht nur Pfarrer, sondern Diplomat und hatte die Botschaft des Friedens in vielen Staaten dieser Erde gepredigt.
Doch Hass regierte noch immer, und so war es gekommen, dass ein Wahnsinniger ihn angefahren hatte. Der Wagen war schwarz wie der Tod selbst gewesen, hatten Augenzeugen voll Furcht und Trauer zu Protokoll gegeben. Als Brownstone an der Straße gestanden hatte und der Wagen aus dem nichts um die Kurve gesprungen war, hatten seine Augen nicht gezwinkert. Sein Schrei hatte den Sonnenmorgen zerbrochen in einen Tag voll Leid und Trauer.
Ben küsste seinen Vater das letzte Mal, als dieser hauchte: „Sei stark und kämpfe für deinen Glauben mein Sohn. Niemand wird deinen Glauben nehmen. Pass auf dich auf...“ Dann war nur noch Stille, nur unterbrochen vom Weinen des Kleinen und der Schwester.
Als sie Ben mit aus dem Zimmer nahm, sagte er: „Ich will wie Vater sein.“
Licht erhellte das Krankenzimmer nur spärlich und die Schatten in den Ecken schürten keine Angst bei dem Jungen. Er las und las, laut und voller Eifer und dennoch, nichts half – der Mann im Bett regte sich nicht.
Schließlich, als die Stimme des Jungen zu zittern begann und die Tränen ihm in den Augen standen, schlug er das Buch von Wut gepackt mit einem dumpfen Knall zu und schmiss es auf den Boden. Dort lag es einige Augenblicke, die Seiten zerknickt. Der Titel des Buches war „Die Bibel“.
Das Schluchzen durchzuckte den kleinen wie Schüttelfrost und er wimmerte, verloren und vergessen in diesem kleinen Zimmer mit der scheinbar toten Gestalt im Bett. Was war es für eine Welt, in der die Worte der Bibel keinen Sinn mehr machten und das Leben selbst nur noch Trauer mit sich brachte? Wenn auch erst neun, so fühlte sich der Kleine betrogen. Vater und Mutter hatten ihm gesagt das Leben sei schön und nun?
Die Tür wurde aufgestoßen und eine Krankenschwester kam herein. Ihr Blick richtete sich sofort auf den Kleinen, der noch immer weinte. Beinahe trat sie auf die gebundene Ausgabe der Bibel. Sie nahm das Buch und kam auf ihn zu. Ihr Lächeln war nicht voll Freude, sondern verzogen von Mitleid und Trauer. Ihre Augen jedoch sprachen von Liebe, wie der kleine Junge sie einst in den Augen seiner Mutter hatte finden können.
„Warum macht Gott, dass wir sterben?“ schrie er plötzlich.
Sie strich durch sein Haar. „Nicht, Ben. Schhh...“ Sie nahm ihn in die Arme und die heißen Tränen sanken in den weißen Stoff ihres Schwesternkittels.
Auch in ihren Augen standen plötzlich Tränen.
So blieben sie dort in dem kleinen Zimmer am Ende des Ganges der Unfallstation und es erschien so endlos, so sinnlos. Warum musste ein Kind allein das Leben erfahren, dass einen in Trauer und Angst erstickte?
Sie alle hatten den Mann dort im Krankenbett gekannt. Er war berühmt gewesen und im Fernsehen hatten seine einstmals klaren Augen die Menschen verzückt. Das Leben hatte dem armen Mann böse mitgespielt. Nur der Junge war ihm geblieben, nachdem die Ehefrau einen sinnlosen Tot gefunden hatte, in dieser Stadt, die für jeden in der nächsten Gasse den Tot bereit hielt, wie es schien. Man hatte sie aufgefunden irgendwo in der Bronx, das Gesicht zerkratzt, die Adern geschlitzt und missbraucht. Gnade hatte sie erst ereilt, als sie in dem Krankenwagen ihren letzten Atemzug gemacht hatte.
Die Schlagzeilen hatten Hunderte Zeitungen überall im Lande geziert und die Menschen verschreckt und in Trauer gestürzt. Doch das Leben selbst war rätselhaft und verworren. Es nimmt was es gibt und das Schicksal eines jeden war es damit umzugehen. Aber dieser kleine Junge hatte schon soviel Leid erfahren...
Doch dann hörten sie die Stimme, gebrochen und voller Schmerz. Es war die Stimme des Mannes, zerrieben von der Qual des Atmens, doch er sprach noch lauter.
„Mein Ben!“
Der kleine Junge glaubte nicht was er hörte und zaghaft drehte er sich um, zum Bett, wo der Mann starr an die Decke blickte. Doch die Lippen bewegten sich. Ben sprang an das Bett und suchte in den starren Augen nach der Liebe des Vaters. Wenn die Augen nur erloschene Fackeln waren, so doch erklang in der Stimme des Mannes die Liebe zu seinem Sohn.
„Weine nicht!“ sagte er, die Worte hervor quetschend.
„Es wird nicht lange dauern, dann ist es vorbei.“ erklärte er.
Die Schwester stand noch immer mit der Bibel in der Hand am Fuße des Bettes und biss sich auf die Lippen. Ihre Tränen fanden nichts, das sie aufhielt und leckten so über ihre Wangen.
„Glaub weiter an das Wort, das du liest und schreibst, mein Ben! Erzähl den Menschen nicht, es sei falsch an die Liebe zu glauben“ sprach der Mann, den sie als Pfarrer Brownstone kannten. Der Mann, der es geschafft hatte ihnen den Glauben wieder zu bringen, an den Frieden in einer Welt, für die es scheinbar nur noch wenig Hoffnung gab. Er war nicht nur Pfarrer, sondern Diplomat und hatte die Botschaft des Friedens in vielen Staaten dieser Erde gepredigt.
Doch Hass regierte noch immer, und so war es gekommen, dass ein Wahnsinniger ihn angefahren hatte. Der Wagen war schwarz wie der Tod selbst gewesen, hatten Augenzeugen voll Furcht und Trauer zu Protokoll gegeben. Als Brownstone an der Straße gestanden hatte und der Wagen aus dem nichts um die Kurve gesprungen war, hatten seine Augen nicht gezwinkert. Sein Schrei hatte den Sonnenmorgen zerbrochen in einen Tag voll Leid und Trauer.
Ben küsste seinen Vater das letzte Mal, als dieser hauchte: „Sei stark und kämpfe für deinen Glauben mein Sohn. Niemand wird deinen Glauben nehmen. Pass auf dich auf...“ Dann war nur noch Stille, nur unterbrochen vom Weinen des Kleinen und der Schwester.
Als sie Ben mit aus dem Zimmer nahm, sagte er: „Ich will wie Vater sein.“
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